das alte Schulhaus stand auf dem Platze neben der Johanniskirche, dem neuen Pfarrhaus und dem Klosterkeller gegenüber. 1548 wurde es bei dem grossen Brande zusammen mit zahlreichen anderen öffentlichen Gebäuden zerstört, aber kurze Zeit später wieder an selber Stelle aufgebaut. 1566 war dieses Haus zu klein geworden und es wurden unter der Wohnung des Superintendenten und des ersten Landesdiakonus neue Lehrzimmer eingerichtet. Deshalb auch die Bezeichnung "neue Schule unter den Pfarrhäusern"



Wie die Zeit änderte sich auch der Name der Schule. Schon vor der Reformation tauchte für die städtische Lateinschule der Name Particularschule auf. Seit 1580 ist es ihre amtliche Bezeichnung. Ab 1704 führte sie den Namen Lyceum und ab 1835 Gymnasium.

Das Plauener Schulwesen von der Reformation bis 1835
Mit der Reformation änderte sich einiges für die Stadt Plauen und seine Schule. Die Ziele der Reformation zu verwirklichen, war Aufgabe der Kirchenvisitationen. Die erste im Amte Plauen fand vom 21. Februar bis 2. März 1529 statt. Der Staat übernahm gemeinsam mit der Kirche die Oberaufsicht über die Plauener Schule. Verwaltung und Aufsicht gingen in die Hände des Stadtrates und des Superintendenten, des Rechtsnachfolgers des Ordensmeisters, über. Erster protestantischer Superintendent in Plauen war ab 1529 Georg Eulner. Der Stadtrat war Kollator und Patron, der Superintendent Inspektor der Schule. Besaß der Superintendent anfänglich das Vorschlagsrecht für neue Lehrer, fiel dies ab Mitte des 17. Jahrhunderts dem Stadtrat, mit Einverständnis des Superintendenten, zu. Die Mittel zur Unterhaltung der Schule hatte der 1529 begründete "gemeine Kasten", später der von ihm abgetrennte "Schulkasten", der kurz nach der zweiten Visitation begründet wurde, zu liefern.

Der erste Schulplan aus dieser Zeit wurde vom damaligen Schulmeister Joh. Dolz, dem ersten Rektor der Schule nach der Reformation, verfaßt
Cathalogus lectionum scholae
  • Prime classis pueris prelegitur elementa latina una cum vocabulis rerum a prandio
  • Secunde classis pueris Donatus (de octo partibuus orationis) ante prandium. Catonis sententiae (disticha moralia) a prandio
  • Tertie classis est ethimologia Philippi Melanchthonis ante prandium, a prandio autem fabelle Esopi, qui e alternis repetitur
  • Quarte classis syntaxis eiusdem Philippi ante prandium comedie terentiane a prandio, septimanis variatur. Christianismi captia, decalogus, symbolum apostolicum et oratio dominica die Mercurii simplicissime enarrantur. Musica singulis diebus a prandio recolitur. Evangelium Matthei ad preces vespertinas et latine et germanice in ede sacra legitur. Ingrediuntur ludum literarium mana hieme hora quinta, estate sexta, dimittuntur hieme octava, estate vero nona revertuntur, subinde undecima, demum hora tertia domos repetunt.
  • Porro ut pueris satisfiat, nobis ad modum opus esset collega tertio, atqui meum est indicare, vestrum constituere.


    Dieser Plauische Schulplan, die als die viertälteste Schulordnung in Sachsen gilt, zeigt, wie man in Plauen die Forderungen des Humanismus und der Reformation tatsächlich verwirklichte und nach Erscheinen des sächsischen Schulplanes sofort bemüht war, die Schule im Melanchthonschen Sinne einzurichten unter Annahme des besseren Vierklassensystems anstatt des Melanchthonschen Dreiklassensystems. Älter als diese Schulordnung ist nur Luthers "Ordnung eines gemeinen Kastens der Gemeine zu Leißnigk" aus dem Jahre 1523, Bernhard Natthers Schulordnung der Stadt Zwickau aus dem Jahre 1523 und Melanchthons und Luthers Schulplan für die sächsischen Schulen aus dem Jahre 1528.
    Melanchthon teilte die Schulen in drei "Haufen" und schickte sie in eine gelehrte, nur dem Latein gewidmete Schule.

    erster Haufe hier sollten die Kinder ausschließlich Lesen lernen "Mit denselben soll diese Ordnung gehalten werden; sie sollen erstlich lernen lesen der Kinder Handbüchlein (gemeint ist das Melanchthonsche Buch, das später durch den Kleinen Katechismus ersetzt wurde), darinnen das Alphabet, Vaterunser, Glaube und andere Gebete innestehen." Hinzu kamen Donat und Cato, die lateinischen Elementarbücher jener Zeit. Schriftliche Arbeiten gab es auf dieser Stufe noch nicht.
    zweiter Haufe war der Grammatik vorbehalten, zunächst der Etymologie (Formenlehre), später der Syntax und dem Prosodium (metrisch-rythmische Behandlung der Sprache). Als Lehrbücher wurden in dieser Stufe verwendet - der Esopus, die Pädalogia Mosellani, die Colloquia Erasmi sowie Teile aus Publilius. Später kam noch Ovid, Terenz und Stücke aus "Plauti, die rein sind" hinzu. Für die christliche Unterweisung wurde das Vaterunser, der Glaube, die 10 Gebote, die Einprägung einzelner Psalmen, das Mathäusevangelium, die Briefe an Timotheus, die Briefe an Johannes und die Sprüche Salomonis verwendet. Ausdrücklich untersagt waren theologische Streitfragen ("Hadersachen").
    dritter Haufe  

    Während der zweiten Kirchenvisitation im Jahre 1533 wurde die Schulreform fortgesetzt. Die Einkünfte der Lehrer wurden erhöht, ein Locat als Gehilfe eingestellt

    Wie es in der Mädchenschule noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts aussah, schildert ein 1892 im Vogtländischen Anzeiger erschienener Bericht unter dem Tiltel "Plauische Erinnerungen eines 70jährigen:
    "Die Mädchenschule hatte bis in die 30er Jahre hinein nur zwei Abteilungen, die "ABCschule" und die "Große Schul". Das Zimmer für die ABCschule hatte nur zwei Fenster, die beiden letzten nach dem Endegäßchen zu in dem Schulhaus am Kirchplatz, und das für die Große Schul vier Fenster. Das kleine Zimmer



                             
    im Jahre 1667
      Gemeiner Kasten Schulkasten Deutsches Haus Amt Tranksteuer Bares festes Einkommen insgesamt Klafter Holz Scheffel Korn        
    Rektor 40fl - 20fl 4fl 9gr 7fl 13gr 72fl 1gr 20 20        
    Konrektor 5fl - 40fl - 7fl 13gr 52fl 13gr 15 10        
    Kantor 10fl 5fl 10fl 9fl 11gr 5fl 15gr 40fl 5gr 10 10        
    Baccal. - - 30fl - 5fl 15gr 35fl 13gr 10 6        
                             
    im Jahre 1703
                             
    Rektor 10 10 20 4fl 9gr 7fl 13gr   20 20        
    Konrektor                        
    Kantor                        
    Baccal                        
                             
                             
                             



    Die erste Erwähnung der Torschulen findet sich in einem Schriftstück des Superintendenten Tischer an den Bürgermeister und den Rat der Stadt vom 9. Juni 1800. Dort heißt es: "Es möchten vor den Thoren Katecheten und zwar vor den Thoren der oberen Stadt einer und vor den Thoren der unteren Stadt einer angestellt werden." Im Protokoll des Ratbeschlusses vom 23. Juni 1800 wird die Einwilligung zur Anstellung mehrerer Katecheten gegeben, mit der Begründung, daß dies mit der bereits am 1.12.1797 gefassten Resolution übereinstiimmend sei. Somit ist davon auszugehen, daß bereits Ende des 18. Jahrhunderts mehrere Torschulen in Plauen existierten.
    Die Spinnmaschinenschule ist vermutlich erst im Winter 1816/1817 entstanden und nach dem Vorbild der erzgebirgischen Fabrikschulen errichtet worden. Die Thorschulen selbst sind eine besondere Einrichtung in Plauen.

    Die Zustände in den Thorschulen zeigt ein Brief M. Fiedlers an den Magistrat vom 22. Juli 1833:
    "Dabei wünscht der Unterzeichnete nichts mehr, als daß alles bloß eine vorläufige Einleitung zu der tätigen und hilfsbereiten Teilnahme des Magistrats an dem Zustande unserer Thorschulen seyn möge, welche einer solchen zu derjenigen Verbesserung gar sehr bedürfen, wie sie wahrscheinlich bald von der höchsten geistlichen Behörde anbefohlen werden wird, inmaßen, um vorläufig nur eins zu erwähnen, dem neulich hier anwesenden Herrn Geheimen Kirchen- und Schulrat D. Schulze u.a. auch das nicht wenig aufgefallen ist, daß die Miete und die Einrichtungen der Schulstuben den jedesmaligen Lehrern auferlegt ist, daß diese Stuben sich in gewöhnlichen Wohnstuben, wo häufig zugleich allerhand häusliche Hanthierungen betrieben werden, und daß die Stadt bis itzt noch nicht einmal für eigene und schickliche Lokale zur Schule gesorgt hat, in welcher täglich, der Gesamtzahl nach, über sechseinhalbhundert Kinder unterrichtet werden."
    Plauen selbst hatte aber Anfang des 19. Jahrhunderts mit schweren wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Sie hatten in den Engländern einen erbitterten Wettbewerber im Kampf um die Spitzenplätze in Handel und Industrie gefunden. Bein schrieb in seiner Geschichte der Industrie des sächsischen Vogtlandes:
    ".. daß viele Einwohner von Hunger abgezehrt und abgehärmt einherwandern, die Bettelei zu einer Landplage geworden sei und daß man sich in steter Gefahr von Brandstiftungen befinde". Erst 1841 änderte sich einiges für das Volksschulwesen in Plauen.




    Abwechslung in das Schulleben brachten die Schulfeste, allen voran das Gregoriusfest. Am Gregoriusfest zog der Lehrer mit seinen sangeslustigen Schülern in die benachbarten Dörfer, um dort drei Tage lang vor den Häusern zu singen und mit dem Spruch "Eier, Knackwurst und e Stückle Speck gehen balde weg" allerlei Lebensmittel für die Küche seiner Hausfrau zu erbetteln. Mit einem Fäßchen Dünnbier, Pflaumenmusbemmen und einem Tänzchen belohnte dann der Lehrer die Schülerschaft für die ihm geleisteten Dienste. Während der ersten Zeit - die Entstehung dieses Festes reicht bis in die ersten Jahrhunderte des Mittelalters zurück - trug es einen mehr kirchlichen Charakter. Es wurde vermutlich im 9. Jahrhundert von Papst Gregor IV. zu Ehren Gregors des Großen (590 - 604) gestiftet. Die älteste Form dieses Festes war folgende: Aus der Zahl der Schüler wurden drei ausgewählt, der eine als Bischof, eiscopus puerorum, Schul- oder Apfelbischof, die beiden anderen als Diakonen. Festlich herausgeputzt, wurden diese am Festtage von den Mitschülern zur Kirche geleitet. Der ganze Zug bestand aus Vermummten -- Apostel, Engel, Könige, Handwerker, griechische Götter. Possenreißer zogen bunt durcheinander. In der Kirche wurde unter possenhaften Feierlichkeiten dem Schulbischof ein Ehrenplatz am Altar angewiesen. Nach einem von den Geistlichen selbst geleiteten Gottesdienst erhob sich dann auch der junge Bischof und hielt seinerseits eine vorher einstudierte, häufig in Versen verfaßte Predigt, nach deren Beendigung der Zug in die Schule zurückkehrte, um dort mit Brezeln und anderem bewirtet zu werden. In Plauen wurde das Gregoriusfest bis zum Jahre 1814 alljährlich nach dem Schulexamen und der Versetzung der Klassen nach Ostern abgehalten. Es bestand aus Aufzügen und vermummten Umherziehen der Schüler, das zwei Tage oft bis in die Nacht hinein dauerte. Das Geld, welches beim Singen am ersten Tage in den Häusern eingesammelt wurde, bildete einen beträchtlichen Teil der Einnahmen des Rektors. Im Jahre 1814 wurden diese Einnahmen durch eine jährlich feste Vergütung von 80 Talern abgelöst. Wann dieses Fest in Plauen eingeführt wurde, ist nicht genau bekannt. Da aber der Chorus musicus erst im Jahre 1619 und ein Jahrzehnt früher die "tägliche Cantorei" oder "Currende" eingerichtet wurde, ist anzunehmen, daß diese Festlichkeit erst nach dieser Zeit eingeführt wurde. Mehrfach wurde versucht dieses Fest, als den Lehrern unwürdig und der Sittlichkeit der Schülern zu gefährlich, abzuschaffen. Rektor Wimmer meinte aber während seiner Amtszeit, daß sich viele Menschen über eine Wegfall der das Publikum amüsierenden Späßchen, die sich die Schüler nach dem Umzug zwei Tage lang erlauben durften, bitter beklagen würden. Sie blieb dieses Fest so lange erhalten, bis es auf allerhöchstem Befehl verboten wurde. Rektor Irmisch gibt in seinen späteren Aufzeichnungen einen Überblick über den Verlauf des Festes:

    Am Montag nach der Versetzung der Klassen giebt der Rektor den beiden obersten Klassen die Erlaubnis dazu und sagt, daß sie dabei vermeiden alles, was beleidigend und unanständig ist. Sonnabend vor dem Gregorius wird bei allen Klassen nochmals eine Vermahnung getan, daß alles ordentlich zu gehen und besonders, daß die oberste Klasse allein die Erlaubnis habe, Essenkehrer und Mossmänner zu werden, daß die drei untersten Klassen zusammen ausgehen und die drei obersten auch besonders, daß die 4. und 5. Klasse und einige aus der 6. aus dazu gemachten kleinen Bücherchen die gewöhnlichen Lieder ordentlich mitsigen als Herr Gott erhalt uns mehr und mehr, Erstanden ist der heilige Christ, Christus ist erstanden, Erhalt uns Herr bei deinem Wort, welches Lied nur vor dem Rathaus ganz gesungen wird. Sonnabend vor dem Gregorius wird den beiden untersten Klassen die Privatstunde geschenkt und dabei erinnert, daß sie den Sonntagsgottesdienst ordentlich abwarten. Sonnabend läßt der Rektor die gewöhnlichen Brezeln bestellen, die Waren aus den Kaufmannsläden zusammenholen. Sonntags bestellt der Rektor aus den Currenden den Schleedorn oder Mayenbaum, den holen die Currenten von der 2. Klasse und der Einheizer dazu, um Ordnung und Stille zu erhalten.

    Außer dem Gregoriusfest hatten sich im 18. und 19. Jahrhundert noch andere Sitten und Gebräuche herausgebildet, so das sogenannte Schulansingen. Dieses fand regelmäßig acht Tage nach der Rückkehr der Schüler aus den Hundstagen statt.
    Das Neujahrssingen unter der Führung des Kantors begann mit dem ersten Weihnachtsfeiertag und dauerte bis zum Neujahr, manchmal auch etliche Tage darüber hinaus.
    An der Feier des Heiligen Abendmahls beteiligte sich die Schule jährlich viermal. Während die drei übrigen Tage wechselten, war der Gründonnerstag regelmäßig für dasselebe vorgesehen. Die erste Vorbereitung auf die Feier fiel dem Rektor zu. Sie begann entweder Sonnabend vor oder Mittwoch nach Invokavit (1. Fastensonntag). Am Tage vor der Feier fand immer eine sogenannte "Mußmahnung" statt.

    Selbst für den Abgang in die Universität hatten sich festen Formen herausgebildet. Ordentliche Entlassungen fanden zu Ostern oder Michaelis statt, entweder öffentlich mit einer gedruckten Einladung, welche von den Schülern zu bezahlen war, oder "im geheimen", in Gegenwart der drei ersten Lehrer und der zwei obersten Klassen
    Viele dieser Gebräuche existierten noch im 19. Jahrhundert.


    Unter der Leitung von Adolf Friedrich Wimmer (1800 - 1829) und dem Sup. D. Johann Friedrich Tischer (1798) erlebte die Plauener Schule eine neue Blüte. Innerhalb seiner Amtszeit schaffte es Wimmer die Schülerzahl zu vervierfachen. Durch sie wurde den Wissenschaften mehr Platz eingeräumt und sie förderten die häuslichen Studien. Der 1813 eingeführte Lehrplan blieb bis 1819 unverändert. Zur Änderung des Lehrplanes gaben Wimmer und Konrektor Breuniger den Anstoß. Ihrer Meinung nach, hatte die Schule eine "zu gelehrten Anstrich" bekommen. Die Folge war, daß Eltern ihre Kinder der Schule entzogen. "Man muß daher einen andern Weg einschlagen, nämlich den, daß ohne den Charakter der Schule als einer Lateinschule, welche künftige Gelehrte zu bilden hat, zu verwischen, an den wissenschaftlichen Stunden auch andere Schüler jeder Gattung und Bestimmung teilnehmen können."

    1815 schrieb Sup. Dr. Tischer im Vogtländischen Anzeiger unter der Überschrift "Bekenntnis und Dank":
    Die örtliche Beschaffenheit der hiesigen Schule ist über alle Beschreibungen schlecht, der Eingang wie in einen Keller, die Schulstuben unter der Erde und nur von der einen Seite wohltätiges Tageslicht, dabei sonst sogar 6 Klassen in 2 Stuben und in der einen gegen 300 Kinder unterrichtet werden. Noch nicht genung! Damit des Lärms und des Elends kein Ende sei, müssen Lehrer und Schüler der 1. und 2. Klasse durch die Stube der 5. und 6. durchgehen, um in die ihrige zu kommen. Soviel Schuljammer an einem Orte wie Plauen, ist die Kreisschuele, die einzige gelehrte Bildungsanstalt des ganzen Kreises, das Schullehrer Seminarium, darin fast alle Schullehrer der heisigen Gegend gebildet werden, in einer so schlechten Lage! Das Herz hätte sich umwenden mögen, wenn man dieses Elend sah und gerne helfen wollte, aber der bisherigen Kriegsjahre wegen nicht konnte. Was man in den kleinsten Städtchen nicht findet, was den ausdrücklichen Landesgesetzen entgegen ist, mehrere Klassen in einer Stube, das findet sich hier in der Kreisstadt... Jetzt wird dieses alles anders. Dieser Schandfleck Plauens; denn so muß ich es nennen, ist vertilgt! Gott lebt noch, und dieser gute Gott hat auch diesmal mir geholfen ... Wenn Kinder und Enkel in das neue Schulhaus kommen und darin Bildung und Kenntnisse holen, mußten sie sich nicht den Vorwurf machen: Meine Familie, die doch Haus und Hof hatte, tat dabei nichts; denn das die Namen aller Wohltäter in den Akten für alle kommenden Geschlechter aufbewahrt werden, versteht sich von selbst. Mancher sammelt seinen Kindern Kapitalien, mit Recht, aber Kapitalien und Zinsen können verloren gehen. Hier geht nichts verloren, und die Zinsen streicht nicht die Hand ein, welche einst erstarrt, sondern Verstand und Herz. Es ist Wucher für die Ewigkeit".
    Grund dieser Dankesschrift ist der Kauf des in den Jahren 1797/98 vom Kaufmann Landrock für 32000 Taler erbauten Hauses am Schulberg. Tischer kaufte es mittels der zahlreichen freiwilligen Spenden für 7475 Taler und so konnte es am 17. April 1815 als Vogtländisches Kreisschulhaus eingeweiht werden.



    In ihm erhielten die vier oberen Klassen ihre Lehrzimmer und der Konrektor seine Dienstwohnung. Die 5. und 6. Klasse blieben bis zur Bildung der Bürgerschule im Jahre 1841 in den alten Schulräumen. Die 4. Klasse blieb nur bis 1825 im neuen Schulhaus und mußte dann, nach einer Vergrößerung der Wohnung des Konrektors, wieder zurück in die alten Schulräume.
    Die Beschaffenheit des Gebäudes schildert Geh. Rat Dr. Vogel, von 1844 bis 1852 selbst Schüler an dieser Schule, wie folgt:
    "Es hat fünf ausreichende große helle Räume, während das sechste Klassenzimmer nur für eine ganz kleine Schülerzahl genügte. Ein Festsaal fehlte. Ersatz für ihn wurde notdürftig durch Öffnen des Bretterverschlages zwischen den Auditorien von Klasse I und II geschaffen. Die Lehrer, Sammlungen, Bibliothek mußten sich mit kleinen kammerartigen Räumen begnügen, ein großer Hofraum war nicht vorhanden. Beleuchtet wurden die Zimmer anfangs durch Talglichter, später durch Ölhängelampen. Turnunterricht wurde anfangs in den beiden kellerartigen Sälen unter der Superintendentur, später auf dem weit abgelegenen Turnplatz an der Elster erteilt."

    Sup. Dr. Fiedler, als Nachfolger von Tischer, richtete 1823 die jährliche Examina, noch vor der gesetzlichen Verordnung am 4. Juli 1829, zweckmäßiger ein. Zur besseren Handhabung der Schulzucht führte er regelmäßige Synoden ein, denen auch die Schulinspektoren gewöhnlich beiwohnten. Er setzte auch, da die Ausbildung der Seminaristen in der bisherigen Weise mangelhaft war, nach heftigen Kontroversen mit dem Schulinspektor und dem Stadtrat im Jahre 1826 die vollständige Trennung des Seminars vom Lyceum durch die Anstellung eines Seminarlehrers durch. Dies kam dem Lyceum zugute, da nun weitere Kurse in Griechisch und Hebräisch errichtet werden konnten. Beide Kurse wurden dem Collaborator übertragen. Als zweiter Collaborator und Seminarlehrer wurde Friedrich Wilhelm Schweinitz gewählt.
    Infolge dieser Veränderung ergab sich ab 1826 folgender Lehrplan:

      I IIa IIb III
    Religion 2 2 2 3
    Latein 15 14 14 10
    Griechisch 6 6 6 4
    Deutsch 3 3 3 4
    Hebräisch 2 2    
    Französisch 2 2 2 2
    Geschichte 2 2 2 3
    Geographie   1 1 2
    Logik 1      
    Mathematik 2      
    Arithmetik   2 2 2
    Physik 1      
    Naturgeschichte       2

    Die beherrschende Stellung der alten Sprachen, insbesondere des Lateinischen, unmittelbar vor der Neuordnung, zeigt der Lehrplan aus dem Jahre 1832:

      I IIa IIb III
    Religion 2 2 2 3
    Latein 15 16 14 10
    Griechisch 6 6 6 6
    Deutsch 3 3 3 4
    Hebräisch 2 2 2  
    Französisch 2 2 2 2
    Geschichte 3 3 2 3
    Geographie   1 1 2
    Logik 1      
    Mathematik 2      
    Arithmetik   1 1 2
    Physik 1      
    Naturgeschichte       2

    Ein halbes Jahr nach dem Tod von Wimmer, am 1. November 1829, trat sein Nachfolger, Prof. Johann Gottlieb Dölling, das Amt des Rektors am Lyceum an.

    Körperliche Züchtigung war bis 1835 noch bis in Klasse II erlaubt. Nur in Klasse I durfte sie nicht mehr vorgenommen werden, es sei denn, daß eine solche durch die Inspektion verfügt wurde. Verboten war lediglich das Schlagen auf den Kopf, in das Gesicht und auf die Schienbeine. Karzerstrafen gab es nur in den Klassen I und II. Angeredet wurden die Schüler in der Prima mit Sie, in der Sekunda mit Er und in der Tertia mit Du.

    Am 30. April 1835 endete die bisherige Ordnung. An die Stelle des alten Lyceums trat mit dem 1. Mai 1835 ein Gymnasium von vier Klassen, verbunden mit einem Progymnasium mit zwei Klassen (V und VI). Seminar und Bürgerschule (die drei untersten Klassen der lateinischen Stadtschule) wurden selbständige Anstalten.

    Deutsch trat erst sehr spät im Lehrplan auf. Bis in das 18. Jahrhundert war Lateinisch die Sprache der Wissenschaft und der Staatskunde. In Plauen kam die deutsche Sprache ungewöhnlich schnell auf. Dr. Avenarius schrieb 1697 in einer Denkschrift: "Dei deutsche Sprache als unsere Muttersprache darf auch nicht verachtet werden, sondern es ist ein großer Mangel in den Schulen, daß ein Knabe nicht drey Zeylen ex tempore lernt orthographice und förmlich teutsch schreiben". 1699 wird das erste deutsche Gedicht vorgetragen, 1707 ein deutsches Gedicht als Prüfungsarbeit aufgegeben. 1732 wurde zum ersten Male die deutsche Posie im Unterricht behandelt. Rektor Irmisch war auch der erste, der während seiner Amtszeit Prüfungsarbeiten vom Lateinischen ins Deutsche übersetzen ließ. Im Lehrplan von 1803 wurden zwei Stunden Deutsch in der Prima aufgeführt, was sich auch bis etwa 1830 nicht änderte.
    Moderne Sprachen hatte man erst sehr spät in den Lehrplan aufgenommen. Mit dem Amtantritt von Irmisch Jr. (1759) wurde den Schülern Privatunterricht in Französisch und Italienisch geboten. Erst mit Eintritt des Elsässers Mylet 1795 wurde in den drei oberen Klassen Französisch offiziell gelehrt.
    Nur langsam konnten sich zur damaligen Zeit die Wissenschaften einen Platz im Unterrichtsplan erobern. Wurde damals neben den Sprachen nur Rethorik, Dialektik und Logik (ab 1688 auch Arithmetik) gelehrt, änderte sich dies mit dem 1707 vom Rektor Birkhan eingeführten Lehrplan. Es wurde Geschichte aufgenommen und ab 1739 wurde zusätzlich Geometrie, Astronomie, Welt-, Literatur- und Kirchengeschichte und Geographie gelehrt. 1803 wurden die bis dahin in vielen Fächern abgehaltenen Privatstunden eingeschränkt und im allgemeinen Unterricht für die Mehrheit zugänglich gemacht. Selbst eine Stunde Gesundheitslehre war im Lehrplan vorgesehen. Dafür kamen Fächer wie Mathmatik und Physik, von der Stundenzahl her, zu kurz.

    Jahr Gesamtzahl der Schüler
    1698 215
    1700 192
    1712 188
    1720 74
    1730 67
    1740 79
    1750 82
    1756 76
    1760 69
    1763 58
    1770 69
    1780 83
    1790 107
    1810 75
    1813 44
    1816 114
    1825 161
    1830 160
    1835 152


      Rektoren Konrektoren Kantoren Organisten Baccalaurei Tertiat Schul-Collaboratoris
      Magister Heinrich            
      Matthes            
      Eybanger            
      Johannes Schulmeister            
      Johannes Brungasser            
    1529 Joh. Dolz            
    1536 Joh. Koller            
    1538 Paulus Rebhuhn            
    1538 Corbinianus Händel (Hänel)            
    1542 Nicolaus Bengel            
    1545     Daniel Schaller        
    1548 Jodocus Steinmüller            
    1552 Friedrich Hocerus            
    1553     Tobias Berkholz        
    1559     Paulus Schaller        
    1561     Anton Pestel        
    1562     Andreas Reibold   Joh. Günther    
    1563 Andreas Reibold            
    1565     Martin Pfündel        
    1566     Balthasar Gündel        
    1573   Valentin Schürer          
    1576 Valentin Schürer Balthasar Gündel Joh. Günther   Georg Schwanenberger    
    1581   Blasius Berckholz Georg Schwanenberger   Sebastian Widemann    
    1582         Paul Albert    
    1584 Blasius Berckholz Christoph Schaller     Paul Tröger    
    1587   Paulus Tröger          
    1588 Valentin Brendel Kilian Wallendorf     Thomas Widemann    
    1592     Joh. Geßler   M. Weller    
    1594     Joachim Werich        
    1595 Kilian Wallendorf            
    1596   Martin Pfündel          
    1599 Martin Pfündel Kaspar Schultheiß          
    1600         V. Pfüller    
    1604         Joh. Held    
    1609 Kaspar Schultheiß Joh. Schaller          
    1616     Berth. Herrmann        
    1620   David Paul          
    1623     Joh. Röllicher        
    1627   Carl Leuterer          
    1629 Georg Fürgang            
    1631         David Seyfert    
    1633   Matthäus Hübner          
    1634       Moritz Brendel      
    1635 Matthäus Hübner            
    1638 Friedrich Dörfel Gabriel Lotter Joh. Schultheiß   Johann Mangler    
    1639   Joh. Schultheiß Johann Mangler   Andreas Hendel    
    1643   Johannes Schaller (Scheller)          
    1645 Christian Leißner            
    1650 Christophorus Bartholomäi
    (Christoph Barthell)
          Thomas Meynert    
    1652         Kaspar Hübler    
    1653     Lothar Hübler   Georg Andreä    
    1661     Konrad Trommer        
    1675   Sigismund Sack          
    1685       Johann Christian Sturm      
    1688     Victorinus Irmisch        
    1689             Martin Rosenmüller
    1690         Martin Rosenmüller    
    1692             Johann Lothar Schaller
    1696 Christian Diedo            
    1697 Johann Georg Eckhard            
    1699   Gottfried Wendler          
    1705             Martin Franke
    1706 Johann Georg Birkhan            
    1708   Lange          
    1713   Petri          
    1714       Johann Gottfried Sturm     Johann Gottfried Sturm
    1715           Martin Franke  
    1721         Gottlieb Friedrich Irmisch    
    1723   Dörfel          
    1726     Georg Gottfried Wagner        
    1727   Gottlieb Friedrich Irmisch     Erdmann Petzold    
    1732 Gottlieb Friedrich Irmisch Grimmel          
    1733           Gottfried Wendler  
    1735       Georg Heinrich Gerlach     Johann Christian Seifert
    1747 Christoph Jeremias Rost            
    1749         Johann Christian Seyfarth   Johann Christian Restor
    1756     Johann Carl Beyer        
    1759 Gottlieb Wilhelm Irmisch            
    1765   Westhof       Johann Christian Restor August Gottfried Wagner
    1773   Scheele Johann Martin Recknagel        
    1774       Ernst Friedrich Rösler Johann Scheibners    
    1779   Schürrmeister          
    1791       Johann Heinrich Zuckschwerd      
    1792         Moritz Erdmann Engel Ch. Wilh. Schmidt  
    1794 Friedrich Wilhelm Ehrenfried Rost            
    1796 Johann August Görenz            
    1797     Georg Christian Gotthold Tromlitz       August Gottfried Wagner (filius antecedentis)
    1798           Johann Ernst Schlick  
    1799   Adolf Friedrich Wimmer          
    1800 Adolf Friedrich Wimmer Breuniger     Christian Wilhelm Struve    
    1801         Johann Georg Friedrich Kolbe    
    1802   M. Steinhäuser          
    1811   M. Stadelmann          
    1819   Pretzschner          
    1825     Johann Friedrich Finke        
    1829 Prof. Johann Gottlieb Dölling            
    1832       Adolf Ehregott Gritzner      
    1835   Eduard Lindemann          
    1843   Heinrich Lindemann          
    1850 Prof. Dr. Friedrich Palm            
    1854   Gotthold Meutzner          
    1859     Friedrich Moritz Gast        
    1861 Prof. Dr. Rudolf Dietsch            
    1864       Bernhard Balduin Bitterlich      
    1866 Prof. Dr. Theodor Döhner            
    1878 Prof. Dr. Karl Schubart            
    1881   Rich. Beez          
    1883 Prof. Dr. Oskar Busch            
    1889     Fürchtegott Ernst August Riedel        
    1894   Friedrich Pötzschke          
    1895 Prof. Dr. Constantin Angermann            
    1900   Georg Günther   Alfred Wolf      
    1903   William Fischer          
    1907   Paul Martin          
    1910 Prof. Dr. Heinrich Heyden            
    1913 Prof. Dr. Richard Kunze Max Zschommler          
    1916   Karl Franz          
    1918   Hans Zürn          
    1919     Paul Hertel        
    1924   Ernst Günther          
    1930       Willy Renz      
    1931   Georg Weiker          
    1933 Karl Stelzer Seidler