Das Schulwesen in Plauen vor der Reformation
Plauens erste Schule ist eine Gründung des Deutschen Ritterordens und steht
bis 1530 in enger Beziehung mit seiner Geschichte.
1224 war die Ausübung des Gottesdienstes bereits in den
Händen deutscher Ordensgeistlicher. Plauen und das Vogtland erlangte
für den Orden solche
Bedeutung, daß nicht bloß 1267 der Prior Heinrich als Komtur des
Deutschen Hauses in Plauen erscheint, sondern selbst der Hochmeister des Ordens,
Hartmann von Heldrungen, 1279 in Plauen und bis 1283 in der Nähe der ihm
befreundeten Vögte weilte. Am 24.Februar 1319 verbriefen
Heinrich von Korwicz, Komtur des Deutschen Ordens von Saalfeld und Asch, und
Johannes von Freiberg, Pfarrer in Asch, 24 Mark Silber, welche Magister H., rector
parvulorum in plawe zu einer Seelenmesse
in St. Michael in Adorf bestimmt hatte. Dies gilt als die erste urkundliche Erwähnung
einer Schule in Plauen. Weiter wird in einer Urkunde vom 1.Februar 1328,
welche die Güter der Vögte
Heinrichs des Älteren von Plauen und seines Sohnes zu Plauen bestätigt
, eine Badestube vor der "schulphorten" erwähnt.
Diese Schulpforte befand sich nach dem Bilde von Plauen in Sebastian Münsters Cosmographey 1597
und nach dem in Matth. Merians Topographia Superioris Saxoniae 1650
dicht bei dem 1677 eingestürzten
Roten Thurm an der "alten Schule" und den Pfarrhäusern, deren
Gebäude früher den Deutschen Ordensherren
gehörten. Diese Schulpforte führte vom Kirchplatz und von den Pfarrhäusern
hinab zur Elster und zur Brücke.
Weiter erscheint in einer das Spital der Vögte und das Deutsche Haus betreffenden
Urkunde vom 26.Januar 1332 als Zeuge ein "Matthes schulmeister".
Am 12.April 1368 verleiht Vogt Heinrich von Plauen eine "litera
libertatum de plawe", daß heißt seinen getreuen Bürgern
zu Plauen das Privilegium der völlig freien Güterverwertung und der
Freizügigkeit.
In dem auf Veranlassung des Rates der Stadt Plauen angelegten Stadtbuch (Privilegien-, Schuld- und Zinsbuch)
erscheinen unter dem 23. November 1388 die mit der Führung desselben beauftragten Personen : "Ego
Fridericus Eybanger de Nuernberg magister septem artium liberalium ac philosophye nec non Rector scolarium
ac prothonotarius prenominati opidi plawe". Im Bürgerverzeichnis vom Jahre 1458
Sämtliche Schulbücher waren in lateinischer Sprache geschrieben und waren überall in den kleinen und
mittleren Lateinschulen des 13. bis 15. Jahrhunderts dieselben. Die zu dieser Zeit verwendeten Schulbücher waren:
- Benedicte - kleine, meist vom Schulmeister oder seinem Gehilfen geschriebene und dem kleinen Katechismus
Luthers entnommene
Tischgebete
- Donat - eine in Fragen und Antworten gefasste lateinische Formenlehre des Grammatikers Aelius
Donatus (Donati de partibus orationis ars minor)
- regulae pueriles Remigii - die elementare lateinische Formen- und Konstruktionslehre des aus
Florenz stammenden Benediktiners Remigius (um 1312)
- prima pars - der erste Teil des "Doctrinale puerorum", einer in 2660 leonischen Hexametern
abgefassten und in 12 Kapiteln geteilten lateinischen Grammatik, deren erster Teil (Kapitel 1-7) in
1082 Versen die Deklination, Heteroclita, Komparation, Nomina sowie die Perfekta und Supina, Defeltiva
und Anomalia und die vier Formen der Zeitwörter behandelt
- Katho - ein in Prosa geschriebenes Schulbuch, mit diversen einfachen und kurzen Lebensregeln
In den Jahre 1431-1432 kamen noch zwei weitere Bücher auf. Der zweite und dritte Teil des Doctrinale
Alexandri, von denen aus dem ersten Teil das 8. und 9. Kapitel (Vers 1083-1558, Rektions- und Konstruktionslehre)
und aus dem zweiten Teil das 10. Kapitel (Vers 1559-2294, Quantitätslehre) verwendet wurden.
Desöfteren fand
auch der aus lateinischen Distischen aufgebaute Kirchenfestkalender "Cosiojanus" Verwendung.
Die Schulbücher kauften sich die Schüler vom Lehrer, der sich durch ihr Anfertigen einen
Teil seines Einkommens verschaffte und daher von den Kindern, die ihre Bücher nicht von ihm bezogen,
entschädigt
werden mußte (von einem reichen Kind mit zwei und von einem halbbemittelten mit
einem Groschen). Ansonsten bezahlten die Schüler für das Benedicte 1 Groschen, für das
Donat 10 Groschen, für die Regulae 8 Groschen für den Katho 5 Groschen und für die
prima pars 15 Groschen.
Über die Höhe des Schulgeldes ist von der Plauener Schule nichts überliefert. Es ist anzunehmen,
daß
es dasselbe war wie in den anderen Schule des Landes auch. Aus der Bautzener Schulordnung aus dem Jahre
1418, der ältesten sächsischen Schulordnung dieser Art, sind zwei Einnahmequellen bekannt.
Eine aus dem Schulgeld (didactum) und aus den kirchlichen Einnahmen für die Mitwirkung bei Trauungen,
Taufen, Leichenbegräbnissen und anderen kirchlichen Handlungen. Eine zweite Einnahmequelle waren
die privaten Unterrichtsstunden, den sogenannten "Past".
Das Schulgeld betrug vierteljährlich 2 Groschen für reiche Schüler und 1 Groschen für
Minderbemittelte. Arme bezahlten überhaupt nichts.
Zur Heizung der Schule hatte jedes wohlhabende Kind im Winter täglich ein Scheitholz mitzubringen oder
ein Fuder Holz zu kaufen oder dem Schulmeister 2 Groschen Holzgeld zu geben. Wenn die Kinder über
den im Anschluß an die vier "Tafelbücher" (ABC - Benedicite) erteilten elementaren Leseunterricht
hinaus besuchen wollten, mußte jedes 1 Pfennig bezahlen. Für die höheren Fächer (lociga, philosophia,
exerciti grammatica) waren 14 Groschen für das Halbjahr fällig. Jedes wohlhabende Kind sollte sein
Brot, das es mit in die Schule brachte, wochentags zur Hälfte seinem Lehrer (Locator), Sonntags dem
Unterlehrer (Signator) geben oder dafür wöchentlich 1 Heller zahlen. Im neuen Jahre sollten reiche
Kinder dem Schulmeister 6 Heller, dem Lehrer 2 Groschen , zu Johannes (24. Juni) dem Rektor 4 Heller,
dem Lehrer 6 Heller oder einen Topf mit Kornmehl, zu Maria Himmelfahrt (15. August) dem Rektor und
dem Lehrer je 1 Heller zu Honigtrank ("Methe Heller") und am Tag Katharina, der Schutzpatronin der
Wissenschaften, (25. November) 1 Groschen entrichten. Desgleichen waren beim vierteljährlich Aderlaß
("laßheller") 2 Heller und 6 Heller als "kennheller" fällig.
Der Kantor erhielt außerdem je 1 Pfennig zu Ostern, Pfingsten, Michaelis
und Weihnachten als "austreibe
heller". Noch viel geringer waren die Einnahmen der Unterlehrer (Auditors,
Signatores, Baccalaurei, in der Lausnitz auch undermeistir genannt). Sie mußten
sich zu niederen Diensten hergeben, um nur leben zu können, so zum Läuten
der Schulglocke und zum Heizen. Wie niedrig ihre Dienste eingeschätzt
wurden, sieht man an einer Einnahmequelle, dem sogenannten "Heisheller",
den sie von den reichen Schülern "heischen"
mußten.
Der Eintritt in die Schule erfolgte im 14.Jahrhundert mit Vollendung des 7.Lebensjahres
und dauerte meist zehn Jahre. Das Schuljahr selbst begann am 12.März (Gregoriustag) eines jeden
Jahres.
Abwechslung in den Schulbetrieb brachten die Schulkomödien, die ihre Blütezeit
vor und nach der Reformation hatten. Aufgeführt wurden antike Stücke, meist
mit biblischem Inhalt, und moderne deutsche Stücke, in denen es um die
aktuelle Geschichte ging. Sachsen galt damals als eines der Heimatländer der
Schulkomödien und hielten sich hier auch mit am längsten.
Die Eintrittsgelder für diese Komödien wurden zur
einen Hälfte den Schülern und zur anderen dem "Schulmeister" und
seinen "Collaboratoribus" zuerkannt.
Bei Ausbleiben dieser Gelder, hatte der Rat dem Rektor Ersatz aus der Stadtkasse
zu zahlen.
Paul Rebhuhn, damals Konrektor in Zwickau, schreib eigens für die Plauener Schule zwei Dramen. 1535
die Geschichte von der schönen Susanne und 1538 die Hochzeit von Kana. Unter dem Rektorat des Magister
Andreas Reibold wurde die Andria des Terentius aufgeführt. Von da ab wurden diese Aufführungen eine
ständige jährliche Sitte der Anstalt. Noch am 9. Mai 1744 lud Rektor Irmisch für den 11., 12. und 13.
Mai zu folgenden Lustspielaufführungen ein:
Picanders Weiber Probe
Hern Profesor Hollbergs Politischer
Kannengießer
Der Geschäftige
Das arabische Pulver
Die Widersprecherin
Von der wohlbelehrten
Tugend
Aufgeführt wurden diese Komödien
meist auf dem Marktplatz, wo eine Freilichtbühne erichtet wurde. Vor dem Beginn zogen sämtliche
Beteiligte, an der Spitze der Rektor, durch die Stadt, um den ehrenwerten Rat und die Bürgerschaft
einzuladen. Schließlich bog der Zug auf den Musenplatze ein und dann begann, gewöhnlich
durch einen Herold mit einem Vorspruch in Knittelversen eingeleitet, die Vorstellung. Für die
Ehrengäste gab
es einen besonders abgegrenzten Platz, das sogenannte "Geschwenke". Der gewöhnliche
Bürger benützte
"die gemeine Tür", durch die er zu einem weiter zurückliegenden Zuschauerplatz
gelangte. Hinter dem mit Bohlen abgeschlossenen Raum fanden sich die Zaungäste ein, die zwar
auch zahlen sollten, aber es vorzogen, spurlos zu verschwinden, wenn sich die Sammelbüchse näherte.
Den Vögten von Plauen selbst, wie vielen Fürsten und Herren des Mittelalters,
lagen eher die politischen Großmachtpläne als die Förderung
des Schulwesens. Die Stadt Plauen selber wurde im 15. Jahrhundert durch
zahlreiche Ereignisse, wie die Pest, den Einfall der Hussiten, Überschwemmungen
oder dem Kampf um die Vormachtstellungen der einzelnen Fürstenhäuser
im Vogtland und die Besitzansprüche der umliegenden, hart
getroffen (siehe Historie), so daß von seiten des Stadtmagistrats
für
das Schulwesen nur das notwendigste getan werden konnte. Erst mit dem Übergang
der Stadt und Herrschaft Plauen an das Haus Wettin am 9. März 1466
bzw. am 2. Mai 1482, begann für die Stadt und damit für das Schulleben
bessere Zeiten. Handel und Gewerbe, besonders das der Tuchmacher, blühten
auf und belebten Anfang des 16. Jahrhunderts auch die Schule wieder. Viele
Schüler gingen zu dieser Zeit nach Zwickau an die dortige Lateinschule,
ab 1519 lateinisch-griechische Stadtschule. Unter den zahlreichen Schülern,
welche zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Zwickauer Schule als Vorbereitungsanstalt
für die Universität besuchten, befinden sich im Register der Schulbrüderschaft
jener Zeit einige Schüler aus Plauen aufgeführt. Damit sollte
aber kein Schluß auf die Schulverhältnisse
in Plauen gezogen werde. Die Zwickauer Schule galt Ende des 15. und Anfang
des 16. Jahrhunderts als eine der berühmtesten Schulen in Deutschland.
Selbst Österreicher, Niederländer und Schweizer besuchten
dieselbe. Die Beziehungen des Plauener Schulmeisters Brungasser am Ende
des 15. Jahrhunderts zum Humanisten Niavis bürgen für annähernd
gleiche Verhältnisse in der Plauener Schule, wie die in Zwickau.