Von der Badestube bis zum König Albert-Bad.
Von Richard Heimrich, Plauen - 23. Jahresschrift der MAP 1914 (gekürzte Fassung)
Zum ersten Male wird 1236 die Badestube unter der Pforte erwähnt. In diesem
Jahre erhielt die Plauische Pfarrkirche vom Vogt Heinrich dem Aelteren von Weida
den Zehnten von 140 Aeckern unter der Bedingung geschenkt, dass von den Vorstehern
der Parochie an Sonnabenden für jedermann Freibäder eingerichtet würden. Heinrich verlieh
auch das zur Heizung nötige Holz. Die Badestube war vermutlich von den "Vorstehern
der Parochie", d. h. von den Deutschen Ordensherren, angelegt worden
und sollte zunächst dem Bedürfnisse der Erbauer und vielleicht
dem der Nachkommen des Stifters, der gräflich Eversteinschen Familie, dienen.
Oeffentlich in dem Sinne, dass jeder
aus dem Volke unentgeltlich oder für eine geringe Entschädigung
jederzeit baden konnte, war die Badestube nicht. Erst durch die Stiftung
Heinrichs von Weida wurde sie wenigstens für einen Tag der Woche jedermann
zugänglich und den Armen unentgeltlich geöffnet. Man nannte solche
Stiftungen Seelenbäder; der Stifter glaubte, die im Fegefeuer zuzubringende
Zeit hierdurch abkürzen zu können.
Heinrichs Einrichtung dieser Freibäder
an Sonnabenden stimmt ganz überein
mit der Sitte des Mittelalters: Sonnabends pflegten die meisten Handwerksleute
sich von dem Staube ihrer Wochenarbeit zu reinigen, und Sonnabends mussten
daher die Bäder allerorts ihre Stuben heizen.
1328 wurde die Badestube
den Deutschen Ordensherren durch Heinrich IV. bestätigt. Nach dieser
Urkunde lag Plauens älteste Badestube in
unmittelbarer Nähe der alten Schulpforte („vor der schulphorten"),
also neben der noch heute sogenannten Pforte, wohl oberhalb des Steges,
der gegenwärtig über den Mühlgraben führt. Leider
kann von der Badestube, die übrigens die älteste in Sachsen nachweisbare
zu sein scheint, nicht genau angegeben werden, wie lange sie bestand. Im
15. Jahrhundert scheint sie durch Wasserflut, Feuersbrunst oder Krieg zerstört
und nicht wieder aufgebaut worden zu sein.
1244 war die Gründung
einer zweiten Badestube geplant. Nach einer Urkunde ertauschte am 29.
Mai des genannten Jahres Heinrich von Plauen, der zweite Sohn Heinrichs
des Aelteren von Weida, zwecks Vergrösserung der Stadt von den Deutschen
Ordensherren den Platz zwischen der Syra und dem nördlich gelegenen
Berge mit Ausnahme eines bewohnten Hofes und eines zur Errichtung eines
Bades bestimmten Grundstücks.
Wann die Badestube erbaut worden ist,
lässt sich nicht ermitteln,
sicher stand sie aber 1388; denn in diesem Jahre gab es an der Syra eine
obere und untere Badestube. Nach Julius Vogel lag die obere Badestube dort,
wo jetzt das Haus Syrastrasse Nr. 21 steht, während Joh. Müller
sie auf das linke Syraufer, nach den „Kuhmarkt”, das ist
an den Lindenplatz bei der Realschule, verlegt.
Die untere Badestube befand
sich nach Magister Fiedler in Ludwigs Haus, das bis 1859 auf dem linken
Syraufer unmittelbar rechts von der beim Schulberg über
die Syra führenden Brücke stand (an der jetzt offenen Seite des
Neustadtplatzes
nach dem Comthurhof) und am 25. August 1859 mit 25 anderen Häusern
niederbrannte.
In einer Urkunde vom 20. Januar 1427 bestätigt der Bürgermeister
Wesigel ein Abkommen, das das Handwerk der Schuster und Lederer mit dem
Besitzer der unteren Badestube, Nicol Nohorn, bezüglich vier jährlicher
Seelenbäder, getroffen hatte. Nohorn verpflichtete sich durch das Abkommen
zugleich für seine Nachfolger, jährlich vier Seelenbäder
den Leuten, die in der Schusterzeche seien oder Armen, zu gewähren
und dieselben williglich zu scheren und zu „twaken” (baden — waschen).
Als
am 25. Januar 1430 die Hussiten Plauen in Brand steckten, fiel auch die
obere Badestube den Flammen zum Opfer.
1487 vermachte Ihan (Johann) von Machwitz
zu Chrieschwitz dem Dominikanerkloster
zu Plauen die obere Badestube. Die Mönche gelobten, für die
Seelen des Stifters, sowie der Seinigen und des ganzen Geschlechts, eine
ewige Seelenmesse zu begehen und die Badestube in baulichem Zustand zu
erhalten.
Durch Kauf vom Geschlechte der Thossen war das Kloster auch in
den Besitz der unteren Badestube gelangt. Wegen dieser Badestube kamen die
Mönche
mit dem Rat der Stadt Plauen in Streit, den kurfürstliche Räte
1495 durch folgenden Bescheid schlichteten: Die Mönche sollen noch
zwei Jahre im Besitz der Badestube bleiben, sie in baulichem Zustand erhalten
und einem Bürger von Plauen übertragen, dann aber einem Weltlichen
verkaufen. Findet sich kein Käufer, dann soll der Rat die Badestube
an sich nehmen und dem Kloster das Kaufgeld von 135 Gulden erstatten.. Als
das Kloster 1528 behördlich geschlossen wurde, gehörte keine Badestube
zum Klostereigentum.
Am 24. Juli 1712 brannte die obere Badestube infolge
eines Blitzschlages nieder, wurde aber bald wieder aufgebaut.
Bader hiessen
die Inhaber der Badestuben. Man benutzte den Besuch des Bades, um überhaupt
mancherlei körperliche Säuberungen, Abnehmen
oder Stutzen des Bartes, Verschneiden der Haare und Nägel und dergleichen
vornehmen zu lassen. Die Bader griffen auch in das ärztliche Gebiet
ein, indem sie Hautkrankheiten und offene Schäden behandelten. 1690
wurde bestimmt, dass die Barbiere sich des Schröpfens enthalten
sollen; denn dieses komme allein den Badern zu. Die Badeknechte zogen mit
ins Feld, wo sie sich mit dem Bartscheren (daher Feldscherer) und der
Pflege der Verwundeten abgaben. Auch einzelne Plauische Stadtkinder haben
am 30- und 7jährigen
Krieg als Feldscherer teilgenommen. Das Gewerbe der Bader galt im Mittelalter
und noch lange nachher als anrüchig, die Bader gehörten zu den "unehrlichen
Leuten". Erst die Reichsordnung vom Jahre 1548 verlangte, dass die
Bader ehrlich zu sprechen seien. Die Bader schlossen sich mit den Barbieren
und Wundärzten des Vogtländischen Kreises zu einer Innung zusammen,
die 1606 eine Konfirmation (Satzung) erhielt. Nach den Artikeln von 1690
sollten in Plauen nur zwei Badestuben geduldet werden, weil es ein kleiner
Ort sei.
In Plauen stand die Hauptlade, hier musste die Meisterprüfung
abgehalten werden, hier versammelten sich die Barbiere, Bader und Wundärzte
des Vogtländischen Kreises jährlich einmal, um nach der Erledigung
der Innungsangelegenheiten am Handwerksmahl teilzunehmen. Dass aber
die alten Meister recht wohl wussten, was gut schmeckt, zeigt die Rechnung
von 1617 über das Handwerksmahl, wovon bei der jetzigen Fleischteuerung
besonders die damaligen Fleischpreise von Interesse sein dürften.
Bezahlt wurden 1617 für ein ganzes Kalb 1 Rtlr. 6 Gr., für eine
junge Ziege 8 Gr., für 2 Pfd. Schweinefleisch 1 Gr. 8 Pfg., für
ein Kalbsgeschling 1 Gr. 4 Pfg., für 2 Zungen 5 Gr., für 4 Paar
Tauben 6 Gr., für
3 Kannen kleine Fische 10 Gr. 6 Pfg., für 2 Kühfiisse 2 Gr. (zur
Sülze), für eine Kanne Butter 5 Gr. Die Rechnung weist
ausserdem noch Ausgaben auf für Karpfen, Speck, Brot, Eier, Pflaumen,
Butterbrezeln und Mandeln und Rosinen auf das Gestandene (Sülze). Getrunken
wurden am 1. Tag 5 Eimer Bier für 7 Rtlr. 15 Gr. 6 Pf. und am 2. Tag 3 Fässlein
Bier für 1 Rtlr. 6 Gr.
Ob die Teilnehmer an diesem Handwerksmahl wohl ahnten,
dass sie sobald nicht wieder zusammenkommen, ja manche sich überhaupt
nicht wieder sehen würden? Auf der Rückseite der Rechnung steht
die Bemerkung: „Von 1618 bis 1638 ist kein Handwerk gehalten worden
wegen der grossen Durchzüge, Kriegsunruhe und Sterben, und die Meister
teils erschlagen und abgestorben sind”.
Durch die alten Urkunden sind
die Namen folgender Bader bekannt geworden: 1427 Nicol Nohorn, 1531 Lucas
Contzmann und Merten Genssreusser, 1612 Hans Heuserer, 1640 Wolf
Kiessling, 1647 Johannes Steinsdorfer, 1712 Christian Beyer und 1726
Christian Weise.
Wie der letzte Bader Plauens hiess, und wie lange die beiden
Badestuben in der Neustadt benutzt wurden, konnte nicht ermittelt werden.
Auf
den Wert des Schwimmens wies als Schriftleiter des „Vogtländischen
Anzeigers” wiederholt Stadtdiakonus Mag. Engel hin. Als am 2. Juni
1798 ein in die Elster gefallenes Kind durch die Entschlossenheit und Geschicklichkeit
eines Bürgers gerettet worden war, bemerkte Engel, wie heilsam
es wäre, wenn bei der körperlichen Ausbildung der Jugend auch
Uebungen im Schwimmen nicht vergessen würden. Und 1827 schreibt er:
„Alle
Knaben sollten von früher Jugend an in der Schwimmkunst
angelernt und geübt werden. Es wäre dies wohl nötiger und
nützlicher als manche andere Kunst, die bloss auf das Angenehme sich
bezieht und vielleicht später im ernsteren und tätigen Leben wieder
vergessen oder doch vernachlässigt wird. Abgesehen, dass Schwimmen
an sich schon auf die körperliche Gesundheit und Kraft einwirkt, wie
oft kann dadurch eigenes oder fremdes Leben gerettet werden!”
In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts
bestimmte der Rat zum Baden Plätze in der Elster. Ob dies
auf Anregung Engels geschehen wa, und in welchem Jahre erstmalig Badeplätze
abgesteckt wurden, hat sich nicht feststellen lassen. Die erste diesbezügliche
Bekanntmachung vom 7. Juli 1829 lautet: „Da wir auch im heurigen Jahre
obrigkeits- und polizeiwegen für nötig befunden haben, in dem
durch das Stadtweichbild allhier laufenden Elsterfluss sichere und passende
Badeplätze aufsuchen und abstecken zu lassen, als sind für dieses
Jahr zu solchem Zwecke auf unsere getroffene Anordnung folgende Orte zum
Baden für passend befunden, jeder vom Anfang bis zum Ende mit zwei
neben dem Flussbett eingeschlagenen Pfählen bezeichnet: Für
Erwachsene von der Golleschen Ziegelscheune (steht jetzt noch gegenüber
dem Bade des Badevereins) bis zum sogenannten Trösterloch (wo jetzt
der vordere Weg zum Cafe Elsterbad hinaufführt), ein Raum von 115 Schritten,
für Kinder unter 14 Jahren unterhalb der Scharfrichterei in der Nähe
des Galgen von dem Einfluss des Knielohbächleins in den Elsterfluss
bis an die Galgenanhöhe, ein Platz von 150 Schritten” (in der
Gegend des Kellerhauses).
Im folgenden Jahrzehnt fand das Turnen in Plauen
Eingang. Heubner errichtete 1833 das erste Reck im Garten auf dem Amtsberg,
wo jetzt das neue Gerichtsgebäude
steht, und 1834 wurde mit 20 Turnern die erste Turnfahrt unternommen.
Es liegt nahe, dass die führenden Personen in der Turnsache auch auf
die Pflege des Körpers durch Baden und Schwimmen ihr Augenmerk richteten.
Das im Ratsarchiv befindliche Aktenstück Nachtrags-Repert, Kap. IX,
Nr. 137, enthält auf der ersten Seite die Aufschrift:
Das Bad für
den Sommer 1836.
Aus den Bestimmungen für dieses Bad seien folgende hervorgehoben:
1. „Alle,
die baden wollen, besonders die Turner, müssen, nachdem
zuvor der Badeplatz untersucht worden ist, an einem bestimmten Tag nachmittag
4 Uhr sich einfinden. Es wird Musterung gehalten über ihre erlangte
Fertigkeit.
2. Es werden nach der gemusterten Fertigkeit 3 Sektionen gebildet.
a) Einteilungsgründe
sind: 1. blosse Fertigkeit, 2. Leichtigkeit und Grazie, 3. Schnelligkeit.
b) Darnach bilden
die 3. Sektion vor der Hand diejenigen, die nichts leisten,.
als dass sie die Wasserscheu überwunden haben,
die 2. Sektion diejenigen,
welche auf der Brust schwimmen können,
ebenso "auf der Seite, und
die 1. Sektion diejenigen, die mit Leichtigkeit
im Wasser sich bewegen, überhaupt
mehr können als jene.
3. Es werden für jede Sektion wöchentlich
1 oder 2 Tage bestimmt, an welchen nachmittag um 5 Uhr zum Turnbade ausgerückt
wird.
4. Das Turnbad bildet einen ordentlichen Kursus, der mit einer allgemeinen
Schwimmfahrt, womöglich, beschlossen wird".
Für jede Sektion
werden dann die Uebungen angegeben, gelernt soll auch werden stehend, sitzend,
auf dem Rücken, auf der Seite, unterm
Wasser schwimmen, das Tauchen und Suchen eines ins Wasser gefallenen Gegenstandes
usw. Den Schluss bildet unter der Ueberschrift „Auf dem Turnplatze” eine
Zusammenstellung von Vorübungen. Der Verfasser dieser Bestimmungen
ist leider nicht angegeben, auch herrscht noch keine Klarheit darüber,
ob die Turner 1836 wirklich zum Baden ausmarschiert sind.
Am 7. Mai 1836
schrieb Dr. Reinhard Fiedler im ,.Vogtländischen Anzeiger”,
dass man in Plauen seit einigen Jahren eine Badeanstalt auf Aktien anzulegen
versuchte, doch wollte es nicht gelingen, bis endlich Dr. Böhler sich
entschlossen habe, das Unternehmen auf eigene Rechnung zu beginnen. „Ein
Gartengrundstück am Abfall, zu welchem die grosse Wasserflut im Jahre
1834 durch den Komthurhof einen offenen Weg gebahnt hat, der ehemalige Leissnersche
Garten, wurde feil. Herr Dr. Böhler kaufte das Grundstück und
legte sogleich Hand ans Werk. Schon steigen die Mauern empor, und bald wird
es zur allgemeinen Freude fertig dastehen.” Dr. Fiedler schliesst
mit dem Wunsche: „Mögen die Bewohner Plauens nach der erfolgten
Befriedigung eines für die Gesundheit so ausserordentlich wichtigen
Bedürfnisses die mit nicht geringen Kosten eingerichtete Anstalt mit
zu erwartendem Eifer unterstützen! Die Unterstützung sichert die
schönste Belohnung zu, die Erhaltung der Gesundheit”.
Im Anschluss
hieran gibt Dr. Böhler einige Mitteilungen über
das neue Bad: „Die Badeanstalt wird aus einigen Stübchen zu Reinigungsbädern
bestehen, die auf Verlangen für Kranke, die an keiner ansteckenden
Krankheit leiden, zu künstlich bereiteten Bädern, als Salz-, Seesalz-,
Laugen-, Stahl-, Lohe-, Malz-, Kräuter- und anderen Bädern mehr
benutzt werden können; ferner aus einem Dampfbad. in welchem zugleich
dafür gesorgt wird, dass die zur Stärkung und Kräftigung
der Haut, sowie überhaupt zur Erhaltung der Gesundheit so nützlichen
und mit Recht jetzt häufiger gebrauchten kalten Waschungen, sowie Regen-,
Tropf- oder Duschebäder bequem genommen werden können, und aus
zwei, wegen ihres üblen Geruches in einem besonderen Gebäude angelegten
Schwefelbädern, deren eines nur für die mit ansteckenden Krankheiten
Behafteten gebraucht werden darf”.
Am 3. Dezember 1836 erliess Dr.
Böhler folgende Bekanntmachung:
„Hiermit bringe ich zur Kenntnis,
dass mein neu erbautes, am 5. August während des Ausbaues vorläufig
geöffnetes Badehaus nun völlig
eingerichtet ist, und halte ich diese Bekanntmachung trotz der vorgerückten
kalten Jahreszeit umsomehr für meine Schuldigkeit, da bei dem neuerlichen
Umsichgreifen der asiatischen Brechruhr das Baden als Vorbeugungsmittel
vor dieser Krankheit empfohlen wird. In jedem Stübchen sind Oefen angebracht,
durch welche dieselben nach jedes Badenden Bedürfnis schnell erwärmt
werden können.”
Wer ein Bad nehmen wollte, musste sich erst bei
Dr. Böhler, Königsgasse
24, eine Karte holen. Nach einer im Juli 1838 veröffentlichten Preisliste
kostete ein gewöhnliches Reinigungsbad 3 Groschen, ein besseres 4 Groschen
6 Pfg., ein russisches Dampfbad 12 Groschen. Die Preise der künstlichen
Bäder richteten sich nach der Menge der zuzusetzenden Ingredienzien
und nach der mehr oder weniger mühsamen Bereitung derselben. Von gewöhnlicher
Stärke kostete ein alkalisch-salinisches Eisenbad 8 Groschen, ein schwefelsaures
Eisenbad 5 Groschen, ein Eisenschlammbad 18 Groschen, ein Kalibad 5 Groschen,
ein Kräuterbad 8 Groschen, ein Laugenbad 8 Groschen, ein Lohebad
6 Groschen, ein Malzbad 5 Groschen 6 Pfg., ein Säurenbad 8 Groschen,
ein Seesa]zbad 6 Groschen, eines dergleichen von der Stärke der Nordseebäder
1 Taler, ein Seifenbad von gewöhnlicher Stärke 6 Groschen,
ein Schlammbad von Torfmoor 16 Groschen, ein Stahlbad 6 Groschen, ein
Schwefelbad 5 Groschen 4 Pfg., ein Schwefelschlammbad 18 Groschen. Für
die Benutzung des Handtuches waren noch 6 Pfg. zu zahlen. Untersagt war
das Tabakrauchen, Räuchern und Einreiben mit Salben in den Badezimmern.
Das mit 6 Zinkwannen ausgestattete Bad fand aber nicht die nötige Unterstützung,
so dass es 1844 wieder einging.
m 26. September 1844 erlies Dr. Böhler
folgende letzte Bekanntmachung:
„Das Baden in meinem Badehause hat
aufgehört. Alle, die noch
im Besitz von gelösten Billets sind, belieben dieselben gegen Rücknahme
des dafür Bezahlten abzugeben bei Dr. Böhler.”
Nach einem
Umbau verlegte Dr. Böhler seine Wohnung in das Bad, das
später in den Besitz Dr. Wernickes überging. Das baulich veränderte
Gebäude, Am Abfall Nr. 3, steht heute noch.
Bevor das Dr. Böhlersche Bad geschlossen wurde,
hatte sich der Turnrat der Allgemeinen Städtischen Turnanstalt mit
der Errichtung einer Schwimm- und Badeanstalt in der Elster beschäftigt.
Zur Verwirklichung dieses Planes wandte sich der Turnrat am 9. August 1843
an die Bürgerschaft mit der Bitte um Zeichnung von Beiträgen in
einem Schreiben, dessen Anfang lautet:
„Erfreuliche Resultate haben
bis jetzt die Bemühungen für
den leiblichen Teil der Jugenderziehung gehabt. Das Turnen glänzt
als eigentümlicher Juwel unter den gemeinnützigen Anstalten
Plauens, wie des gesamten Vogtlandes.welches in seiner Hauptstadt Beispiel
und Muster verehrt. Es ist deshalb auch fortwährend alles aufgeboten
worden, um unsere Turnanstalt nach Kräften zu sichern und zu vervollkommnen.
Und so konnte es nicht ausbleiben, dass das Augenmerk noch auf einen wesentlichen
Teil körperlicher Ausbildung sich richtete - das Schwimmen .
. . . Wer weiss es nicht, wie oft der Mangel an Vertrautheit mit dem Element
des Wassers zum Tode geführt hat, der Schwimmer das Glück erringen
konnte, in der Stunde der Not Menschenleben zu retten! Dies zu erlernen,
muss die Hand geboten werden, wenn anders die Jugend zu einer kräftigen,
blühenden herangezogen werden soll, wie es in der Natur des Vogtländers
liegt . . . Edle Gönner werden deshalb ersucht, durch Zeichnung von
Beiträgen sich freundlich zu beteiligen, auch die kleinste Gabe wird
dankbar willkommen geheissen. Und so gebe Gott, dass auch dieses Werk der
Menschenliebe fröhlich gedeihe!”
Unterzeichnet ist das Schriftstück
von Lehrer Gustav Eduard Rascher, Vizevorsteher, J. G. Wild, Seminardirektor,
Kaufmann Wilhelm Zschweigert, Stadtrat F. Gustav Fincke, Johann Gottlieb
Dölling, Rektor des Gymnasiums,
Christian Gottlob Pfretzschner, Direktor der Gewerbeschule und
Schuldirektor Adolf Gustav Caspari. Gezeichnet werden 34 Taler 21 Neugroschen
5 Pfennige in Beträgen von 3 Talern bis 5 Neugroschen.
Die Schwimm-
und Badeanstalt wurde bei der Golleschen Ziegelhütte,
ungefähr 600 Ellen oberhalb des Stadtmühlenwehres, am sogenannten „Weissen
Steinbruch”, errichtet. Der Rückstau des Wehres wirkt dort noch
ein, die Elster hat wenig Gefälle und die genügende Tiefe zum
Baden. Da die Turnanstalt zur Errichtung des Bades keine Wiese besass, auch
das Geld zum Ankauf einer solchen fehlte, so wurde in die Elster ein 60
Ellen langes Floss eingesetzt und mit eisernen Ketten am Ufer befestigt.
Auf Anordnung der Kgl. Uferbaukommission des Amtes Plauen durfte das Floss,
weil 1843 auf der Elster noch Holz geflösst wurde, erst nach Beendigung
der Flösse eingebaut, und im Herbst musste es wieder herausgenommen
werden, um dem Eisgang und der Flösse nichts in den Weg zu stellen.
Montag,
den 10. Juni 1844, wurde die Schwimm- und Badeanstalt eröffnet.
Als Schwimm- und Bademeister wurde Schornsteinfeger Johann Gottfried Fliegner
verpflichtet, der den Turnern Schwimmunterricht kostenlos zu erteilen hatte.
Geöffnet war das Bad vom 1. Mai bis 1. Oktober von morgens 5 Uhr bis
zum Dunkelwerden.
Die Turner hatten an den für sie bestimmten Tagen
von 4—6 Uhr
nachmittags gegen Vorzeigen einer Karte freien Eintritt. Wer ausser den
bestimmten Stunden und Tagen baden wollte, musste wie jeder andere bezahlen.
Während des Gottesdienstes, sowie von 1 bis 1/2 3 und von 4 bis 6 (nur
für Turner) war das Bad geschlossen.
Eine Karte für die ganze Badezeit
kostete 1 Taler, von 1845 ab nur 15 Neugroschen, ein einmaliges Bad 5 Pfg.,
Handtücher für die
ganze Badezeit 25 Neugroschen, einmaliger Gebrauch 1 Neugroschen, Schwimmhosen
für die ganze Badezeit 10 Neugroschen, einmaliger Gebrauch 3 Pfg.
Von den Einnahmen aus dem Schwimmunterricht hatte Fliegner den vierten Teil
an die Turnkasse abzuliefern.
1845 wurden für 60 Gymnasiasten, 50 Seminaristen,
20 Gewerbeschüler
und 94 Bürgerschüler als Zöglinge der Turnanstalt Badekarten
ausgestellt.
Im Mai 1845 wurde die Badeanstalt durch das Hochwasser fortgeführt
und in der Gegend des Wehres wieder an das Ufer gebracht. Die Kosten für
den Ein- und Wiederaufbau in diesem Jahre betrugen 151 Taler 4 Gr.
7 Pfg. 1846 erhielt Fliegner die Schwimmanstalt in Pacht unter der Bedingung,
dass er den Turnern und Zöglingen täglich zwei Stunden Schwimmunterricht
unentgeltlich erteile, dafür die Eintrittsgelder und das Honorar für
etwaigen Privatunterricht ungeschmälert geniesse und die Anstalt auf
seine Kosten wegräumen lasse. Auch 1847 wurde das Bad Fliegner in Pacht
gegeben, nur musste er auch die Kosten des Einbauens tragen. Als jedoch
am 21. Oktober sich das Badefloss noch in der Elster befand, verweigerte
Fliegner die Herausnahme, weil er sein Amt als Schwimm- und Bademeister
niedergelegt habe. Auf Kosten Fliegners wurde das Badefloss herausgenommen,
im städtischen Holzhof niedergelegt, um im künftigen Jahr,
wenn von einer wiederholten Einrichtung abgesehen, werden sollte, das Material
verkaufen zu können. Da aber 1848 die Rechnungen von 1845 über
167 Taler noch nicht beglichen waren,„an der Auszehrung der Turnkasse”,
wie sich Lehrer Eduard Rascher äusserte, "nur die Schwimmanstalt die
Schuld trug", so wurde 1848 von einer Wiedereröffnung des Bades
abgesehen.
Da nun in Plauen
die Gelegenheit zum Schwimmenlernen fehlte, so eröffnete im Sommer
1851 der Schwimmlehrer C. B. Rabending aus Dresden eine Schwimmanstalt.
Der „Vogtländische
Anzeiger” schreibt über dieselbe:
„Die Schwimmanstalt. die
bis Ende August dauern wird, verdient wirklich alle Beachtung des Publikums.
Abgerechnet, welchen Nutzen überhaupt
ein solcher Unterricht dem bade- und schwimmlustigen Publikum gewährt,
so muss es namentlich den Eltern erwünscht sein, zugleich ihre Kinder
hier unter Aufsicht zu wissen, zumal Herr Rabending nicht nur ein durch
und durch gebildeter, sondern auch ein äusserst gewissenhafter Schwimmlehrer
und lieber Mann ist."
Am 27. April 1854 eröffnete
F. A. Hempel in seiner an der Bleichstrasse gelegenen Appretur- und Bleichanstalt
eine Badeanstalt, in der täglich zu jeder beliebigen Stunde jedermann
kalte und warme Bäder nehmen konnte, und empfahl das Bad dem Publikum
zu fleissiger Benutzung. Wie lange die Badeanstalt bestand, hat sich nicht
feststellen lassen.
Das Bad in dem 1859/60 errichteten Stadtkrankenhaus
an der Hammerstrasse konnte von jedermann benutzt werden. Nach einer Bekanntmachung
vom Jahre 1861 kostete ein Reinigungsbad 4 Neugroschen. Ausserdem wurden
noch verschiedene Bäder zugerichtet. Doch bei der im Volke herrschenden,
völlig
unbegründeten Abneigung gegen das Krankenhaus fand die Badeeinrichtung
keine starke Benutzung. In dem alten Krankenhaus befindet sich jetzt
das Königliche Bezirkskommando.
Unter der Pforte, also
in der Nähe von Plauens ältester Badestube, eröffnete 1861
Wilhelm Ameis eine Badeanstalt im Mühlgraben.
Die Badeanstalt der Gebrüder
Wolff vom Jahre 1870 wurde am 29. April in der Fabrik am Mühlgraben
dem öffentlichen Gebrauch übergeben.
Im „Vogtländischen Anzeiger” wird über dieses
Bad geschrieben:
„Jedes Zimmer ist nett eingerichtet und heizbar. Die
metallnen Wannen sind versenkt und nach Bedürfnis zu Duschen mit kaltem
oder warmem Wasser versehen. Die ganze Einrichtung ist derart, dass es ein
ziemlich verwöhnter und anspruchsvoller Badegast sein müsste,
der sich unzufrieden von ihr wieder entfernte.”
Nachdem die Allgemeine Städtische
Turnanstalt 1847 das letztemal ihre Schwimm-und Badeanstalt in der Elster
eröffnet hatte, gab in den 50er und 60er Jahren Ziegeleibesitzer Friedrich
August Ehrhardt Gelegenheit zum Baden in der Elster. Dort, wo sich jetzt
das Männerbad befindet, wurde zum Auskleiden eine Art Jahrmarktsbude
erbaut. Als Bademeister wirkten der bereits erwähnte
Fliegner, Eschke und von 1864 an Robert Kuhn. 1870 liess Ehrhardt eine grössere
Badebude errichten und das Grundstück umzäunen. Um möglichst
weiten Kreisen das Bad gegen eine geringe Entschädigung zugängig
zu machen, pachtete der Rat die Badeeinrichtung und zahlte an Ehrhardt jährlich
130 Taler, wozu der Bademeister 10 Taler beizutragen hatte. 1873 kaufte
die Stadt die Badewiese mit der Badeeinrichtung. In der Sitzung vom 28.
Januar 1873 bewilligten die Stadtverordneten für die 36,5 Ar grosse
Badewiese 1650 Taler und für die Badeeinrichtung 650 Taler. Am 14.
August 1894 verschied der städtische Bademeister Robert Kuhn, der in
den 30 Jahren seiner dienstlichen Tätigkeit mindestens 50 Menschen
vom Tode des Ertrinkens gerettet hat. Bereits seit 1886 war der Sohn des
Verstorbenen, Emil Kuhn, als stellvertretender Bademeister tätig, wurde
1894 als städtischer Bademeister verpflichtet und hat als solcher mehr
als 60 Personen das Leben gerettet, darunter 2 Rettungsfälle, wo selbst
sein Leben gefährdet war.
Um auch dem weiblichen
Geschlecht Gelegenheit zum Baden zu geben, liess der Rat 1890 oberhalb des
Männerbades in
der Elster ein Frauenbad errichten, das am 6. Juni desselben Jahres
eröffnet wurde. In dem Frauenbad führt die Schwester des Bademeisters
Kuhn, Frau Hedwig verehelichte Kuchta, die Aufsicht.
Seitdem Plauen wieder
Garnisonstadt geworden ist, besteht in der Elster
auch ein Militärbad.
1872 wurde der bereits
vor 40 Jahren aufgetauchte Plan, die Gründung eines Bades auf Aktien,
wieder aufgenommen
und am 10. Mai zwecks Erbauung einer irisch-römischen Badeanstalt ein
provisorisches Komitee gewählt, das als Bauplatz den unteren Teil
des früher Amtshauptmann Braunschen Gartens, 20000 Quadratellen zu
je 10 Neugroschen, kaufte. Am 1. Dezember 1873 eröffnete der Aktienbadeverein
die von ihm an der jetzigen Theaterstrasse errichtete Badeanstalt, deren
Leitung Inspektor Trübenbach übernahm. Trübenbach, der am
21. September 1912 in Zittau im Alter von 81 Jahren gestorben ist, soll
nächst dem Fabrikanten F. D. Goesmann die Gründung des Aktienbadevereins
am eifrigsten betrieben haben. Aber auch das Aktienbad ,hatte das gleiche
Schicksal wie alle früheren Unternehmungen, es rentierte sich nicht,
so dass der Verein 1878 gezwungen war, die Badeanstalt zum Verkauf auszubieten.
Am 9. Dezember 1879 beschloss der Stadtgemeinderat den Ankauf des Aktienbades
für 31000 Mk. Nach dem
Abgang Trübenbachs war vom 1. Juli 1878 Pächter des Bades Friedrich
Meyer und nach dessen im Januar 1911 erfolgten Tode Hugo Meyer, der Sohn
des Verstorbenen. Im Stadtbade, das Ende September 1912 geschlossen
wurde, wirkten Fräulein Sippel und Herr Richter, der am 4. Mai
1913 auf eine 25jährige Tätigkeit als Bademeister zurückblicken
kann.
Die Neuzeit brachte die Schulbäder. Die Badeeinrichtung in
der 7. Bürgerschule kann von jedermann in der Zeit von Mitte Mai bis
Mitte September benutzt werden. Schulbäder befinden sich in der 6.,
7., 9., 11., 12. und 13. Bürgerschule. Die Beteiligung an den Bädern
ist eine freiwillige und erstreckt sich auf die 1. bis 5. Klassen. Die Teilnahme
der Knaben ist im allgemeinen eine etwas regere als die der Mädchen.
Im Schuljahr 1911/12 wurden zusammen 50354 Einzelbäder verabreicht.
Dem
raschen Emporblühen Plauens in den letzten Jahrzehnten entspricht
auch die Zunahme der Bäder von Privatpersonen zur öffentlichen
Benutzung.
Das Adressbuch für 1912/13 führt folgende Badebesitzer
auf : Otto Braune, Kaiserbad, Jössnitzer Strasse 19, Willy Kröhl,
Reichsstrasse 17, Emma verehelichte Rase m a n n, Fürstenstrasse
36, Albert Schulze, Karlstrasse 2, Marie verwitwete Simon, Johannstrasse
39, Gustav Tag, Forststrasse 132 und Dr. med. Hilmar Teske, Albertplatz
16.
Zum Schluss sei noch der Badeeinrichtungen von Vereinen gedacht.
Der Badeverein,
früher Badegesellschaft, bestand bereits Ende der
60er Jahre des 18. Jahrhunderts und bezweckt die gemeinschaftliche Unterhaltung
einer Flussbadeanstalt. Der Verein besitzt das oberhalb des grossen
Elsterwehres am linken Elsterufer zwischen Ehrhardts Ziegelei und der
Zöbischschen Fabrik gelegene umzäunte Grundstück nebst dem
darauf errichteten Badegebäude. Da die Grundstücke seinerzeit
auf die Namen der Advokaten Bernhard Freytag und Gustav Schuricht eingetragen
worden sind, so können wohl die beiden genannten Rechtsanwälte
als Mitbegründer der Badegesellschaft angesehen werden. Während
des Bestehens der alten Badegesellschaft sollte die Mitgliederzahl von 60
nicht überschritten werden, in der Neuzeit ist die Mitgliederzahl etwas
zurückgegangen. Der jährliche Mitgliederbeitrag beläuft
sich auf 4 Mark. Seit 1899 verwaltet Rechtsanwalt Karl Stengel das
Amt des 1. Vorsitzenden. Das Statut vom 23. Juni 1881 weist folgende Unterschriften
auf:
E. Löwe, J. Cammann, E. Weise, Dr. K. Lange, Theodor Kretzschmar,
A. Neupert, Gustav Schuricht, Dr. J. Müller, Gustav Steinhaeuser, Alwin
Goepel, Fr. Krause, Dr. Neinzig, A. Braune, C. G. Töpfer, Paul Rudolf
Adler, C. Th. Lohse. Der Ortskundige erkennt unter diesen 16 Mitgliedern
eine Anzahl Lehrer; da auch Lehrer das Bad fleissig benutzten, so ist es
wohl erklärlich, wenn es der Volksmund als „Lehrerbad” bezeichnet.
Der
Naturheilverein I, gegründet 1886, eröffnete am Preisselpöhl
am 17. Juni 1900 sein erstes Sonnenbad für beiderlei Geschlecht. 1906
folgte die Einrichtung des neuen grossen Herren-Luft- und Sonnenbades und
1909 wurde das neue grosse Damenbad dem Gebrauch übergeben.
Der Rückblick
zeigt, dass so mannigfache Einrichtungen im Laufe der Jahre in Plauen zur
Pflege des Badens und Schwimmens getroffen worden sind. Doch fehlte bisher
eine Schwimmgelegenheit an kalten Tagen. Diese wird jetzt das König
Albert-Bad bieten, dessen finanzieller Grund am 29. Oktober 1897 gelegt
wurde; denn als Sachsens Volk an diesem Tage auf eine 25jährige,
reich gesegnete Regierung König Alberts blicken konnte, da bewilligten
Plauens Stadtväter 100000 Mark zur Errichtung eines König
Albert-Bades. Nachdem die Gewerke mehrere, für manchen Bürger
zu viele Jahre gearbeitet haben, erhebt sich das Bad auf dem Anger, eine
neue Zierde Plauens. Am 30. September ist es geweiht und am 1. Oktober 1912
in Betrieb genommen worden. Mögen in ihm die Gesunden Kräftigung,
die Kranken Heilung finden!